Qualität beginnt digital
Noch bevor der erste Span gefräst, der erste Prototyp montiert wird, läuft das Entwicklungslabor auf Hochtouren – rein virtuell. Willkommen in der Welt des Digital Engineering, wo Produkte und Prozesse vorausgedacht werden. Erdballumspannend nutzen immer mehr Maschinenbauunternehmen Digital-Engineering-Methoden in ihren Entwicklungsprozessen.
Der weltweite Markt für Digital Engineering wächst laut Marktforschungsinstituten wie Fortune Business Insights mit einer jährlichen Rate von 11,5 Prozent. Unternehmensberater von McKinsey weisen darauf hin, dass Unternehmen, die digitale Zwillinge einsetzen, die Produktqualität um bis zu 25 Prozent steigern können. Zudem verkürzen sich Entwicklungszeiten um bis zu 50 Prozent. Für 75 Prozent der für Produktentwicklung verantwortlichen Manager hat die Nutzung von digitalen Zwillingen oberste Priorität. Tendenz steigend.
Fehlerquellen früh erkennen
Digital Engineering beschreibt die durchgängige digitale Produktentwicklung – von der ersten Idee über Simulation und Tests bis hin zur virtuellen Validierung. Dabei entstehen digitale Zwillinge, also exakte virtuelle Abbilder eines Produkts, auf deren Basis komplexe Funktionstests, Materialanalysen oder Systemintegrationen durchgeführt werden können. Aber nicht nur das.
In virtuellen Industriewelten entstehen hochdynamische Simulationen ganzer Werke, die nicht nur Prozesse visualisieren, sondern dank KI aktiv optimieren. Was früher in monatelangen Testphasen mit teuren Prototypen geschah, passiert heute im virtuellen Raum – schneller, flexibler und mit einem enormen Wissensgewinn.
„Die Qualität eines Produkts wird nicht nur am Ende in der Produktion entschieden, sondern von Anfang an in der Entwicklung“, sagt Christoph Ross, Vice President Digitalization & IT Operations bei der Motion Technology Company Schaeffler.
„Digitale Methoden erlauben es uns, Fehlerquellen früh zu erkennen und zu beseitigen. So können wir qualitativ hochwertige Produkte schneller und effizienter launchen. Das senkt die Kosten.“
Christoph Ross, Vice President Digitalization & IT Operations bei der Motion Technology Company Schaeffler
Organisation muss mitwachsen
Schon seit 2016 arbeitet Schaeffler im Bereich der Produktentwicklung mit digitalen Zwillingen. Beispielsweise in der E-Mobilität, die viele Anwendungsfelder für virtuelle Doubletten bietet. Stichwort Batteriefertigung. Schaeffler simuliert Zellformate oder Kathoden- und Anodenchemien in unterschiedlichsten Einbaubedingungen von der Mikromobilität bis zu Heavy Duty. So lassen sich bereits in einer frühen Phase Lösungen und Produkte für neue Antriebsbatterien entwickeln, die die zukünftigen Anforderungen beispielsweise an das Ultra Fast Charging, eine erhöhte Lebensdauer oder auch die verschärften Anforderungen an die Sicherheit im Betrieb erfüllen.
Trotz aller technologischen Fortschritte zeigt sich: Ohne organisatorischen Wandel bleibt das Potenzial von Digital Engineering begrenzt. Neue Tools allein verbessern keine Produkte – es braucht neue Prozesse, neue Rollen und eine Kultur, die auf Transparenz, Vernetzung und Datenkompetenz setzt.
Viele Industrieunternehmen haben ihre Abläufe den neuen Anforderungen angepasst – auch Schaeffler. Bereits seit mehreren Jahren verfolgt der Konzern eine konsequente Digitalstrategie. Eine zentrale Maßnahme war die Einführung einer konzernweiten Engineering Cloud, über die Entwicklungsteams weltweit auf einheitliche Daten, Modelle und Simulationsumgebungen zugreifen können. Gleichzeitig wurden klassische Abteilungsstrukturen aufgebrochen: Interdisziplinäre Teams aus Mechanik, Elektronik, Software und IT arbeiten heute eng verzahnt zusammen. Ergänzt wurde dieser Wandel durch umfangreiche Qualifizierungsprogramme.
„Der wahre Effizienzgewinn liegt nicht in der Software selbst, sondern in der Art, wie sie genutzt wird. Neue Tools bringen dann echten Mehrwert, wenn die Kultur mitwächst“, bestätigt Schaeffler-Experte Christoph Ross. „Nur wenn alle Beteiligten – vom Produktentwickler über die Industrialisierung bis zur Qualitätssicherung – im digitalen Modell denken und zusammenarbeiten, entstehen optimale Ergebnisse.“ Kurz gesagt: Digital Engineering verlangt nach einem ganzheitlichen Wandel – in Prozessen, Tools, Mindset und Organisation. Wer diesen Weg konsequent geht, wird mit effizienteren Abläufen, innovativeren Produkten und höherer Qualität belohnt.