Nächster Halt: Luftraum
Wo er vorfährt, sorgt er für großes Staunen. Der Land Aircraft Carrier hat sozusagen die Zukunft im Gepäck. Auf seiner Ladefläche trägt der dreiachsige und trotzdem Tiefgaragen-taugliche Minilaster einen kompakten Elektro-Multikopter huckepack. Das Abladen gelingt vollautomatisch. Sechs Rotoren ausklappen, ready for take off in nur fünf Minuten. Für bis zu sechs Kurztrips in der Luft soll eine Akkuladung des Fluggeräts reichen. So stellt sich AeroHT, ein Tochterunternehmen des Elektroauto-Herstellers Xpeng, die Zukunft der Mobilität vor.
Und diese Zukunft liegt nah, sehr nah. AeroHT hat nach eigenen Angaben bereits über 2.000 Bestellungen für den Land Aircraft Carrier in den Orderbüchern. 2026 sollen die ersten Modelle ausgeliefert werden. Die nächsten Schritte: eigene City-Airports als Luft/Straßen-Knotenpunkte und ein Auto, das durch Klapprotoren im Dach selbst zum Heli motiert. Natürlich auch dies vollelektrisch angetrieben. Dass AeroHT von Flying Cars spricht, also Flugautos, macht mehr als deutlich: Hier geht es zum nächsten Level des Autofahrens.
Warum ist das für Schaeffler relevant? Weil die global agierende Motion Technology Company mit dem Flugauto-Pionier aus dem chinesischen Guangzhou Anfang des Jahres eine zukunftsweisende Kooperationsvereinbarung zur Produktion von elektrischen Antriebssystemen für Flugautos unterzeichnet hat.
„Der elektrische Flugauto-Antrieb stellt extrem hohe Anforderungen an Sicherheit, Zuverlässigkeit und Gewicht“, betont Klaus Rosenfeld, Vorstandsvorsitzender der Schaeffler AG. Genau hier sieht das chinesische Unternehmen offenbar einen Vorteil in der Zusammenarbeit mit dem Konzern mit Stammsitz im deutschen Herzogenaurach.
„Mit seinem Know-how und seiner Erfahrung im Luft- und Raumfahrtbereich und bei Elektroantrieben für Autos – so unser chinesischer Kunde – hat Schaeffler das Potenzial, auch bei dieser neuen Mobilitätsform eine Schlüsselrolle bei der Entwicklung und der Produktion effizienter und zuverlässiger elektrischer Antriebssysteme zu spielen.“
Neben dem in mehreren Jahrzehnten angewachsenen Know-how in der Luft- und Raumfahrt verfügt Schaeffler auch über umfangreiche Qualitätszertifizierungen, die den strengen Sicherheitsbestimmungen in der Branche genügen. Dies in Kombination mit den Kompetenzen im Bereich elektrischer Antriebssysteme macht Schaeffler zum präferierten Partner in der zukunftsweisenden Branche der sogenannten Urban Air Mobility oder auch Low-Altitude Economy. Von den Stärken Schaefflers ist auch Zhao Deli überzeugt. Der Gründer und Präsident von Xiaopeng Huitian, so der eigentliche Firmenname von AeroHT sagt: „Unsere Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Flugantriebe wird die Vorteile des jeweils anderen voll zur Geltung bringen und gemeinsam die rasche Entwicklung einer neuen Qualitätsproduktivität fördern.“
Dr. Zhang Yilin, CEO von Schaeffler China, sieht in der Zusammenarbeit ebenfalls ein positives, zukunftsweisendes Projekt: „Xiaopeng Huitian (Xpeng Aero HT) ist ein repräsentatives Unternehmen im Bereich der Low-Altitude Economy. Wir freuen uns sehr, eine Kooperation mit Xiaopeng Huitian einzugehen und es bei der Entwicklung sicherer und zuverlässiger fliegender Autos zu unterstützen. Als Technologieunternehmen mit Schwerpunkt Antriebstechnik hoffen wir, unsere innovativen Fähigkeiten und technologischen Vorteile im Bereich der Antriebstechnik voll ausspielen zu können, den Kunden innovative Produkte und hochwertige Dienstleistungen anzubieten und gemeinsam die kommerzielle Entwicklung der Low-Altitude Economy zu fördern.“
Neue Mobilität braucht mutige Ideen
Wird sich das Flugauto wirklich durchsetzen? Noch ist das offen. Entscheidende Faktoren neben den Kosten sind die technischen Möglichkeiten, aber auch rechtliche Regularien und die gesellschaftliche Akzeptanz. Das Deutsche Luft- und Raumfahrtzentrum schrieb dazu in einem Positionspapier zur Urban Air Mobility, zu der auch Drohnen und Lufttaxis gehören, im Herbst 2024: „Es hat sich gezeigt, dass UAM in Zukunft die bestehenden Verkehrssysteme ergänzen kann. Letztlich kommt es darauf an, dass die einzelnen Systeme so zusammenarbeiten, dass das Gesamtsystem sowohl wirtschaftlich machbar als auch gesellschaftlich akzeptabel ist.“ Stimmen alle Parameter, könnte laut einer Best-Case-Prognose des DLR der Lufttaxi-Verkehr mit kommerziell eingesetzten Flugautos ab 2045 signifikant zunehmen und es bis 2050 auf 190 Millionen Flüge pro Tag bringen, verteilt auf 200 Metropolregionen mit Fokus auf Asien, Ozeanien, Europa und Nordamerika. Im Worst-Case-Szenario bleibt die Branche fast sprichwörtlich am Boden mit einer sechsstelligen Tageszahl an Flügen weltweit. Die Spanne ist also groß – die Spannung ist es auch.
Schaeffler-CEO Klaus Rosenfeld formuliert es so: „Natürlich wissen wir noch nicht, ob sich fliegende Autos durchsetzen werden. Vorstellbar ist das aber.“ Denn die Weichen werden gestellt: In Shanghai entstünden derzeit über 300 innerstädtische Start- und Landeplätze, berichtete der Schaeffler-CEO auf der Hauptversammlung des Konzerns Ende April 2025.
„Egal, wie sich das fliegende Auto entwickelt“, sagt Rosenfeld, „für uns ist klar – und das zeigt das Beispiel aus Guangzhou – die Zukunft gehört denjenigen Unternehmen, die kundenorientiert über den eigenen Tellerrand hinweg denken, die wissen, was sie können, die neue Entwicklungen offen und mutig mitgestalten und sich zugleich ihrer Wurzeln bewusst sind.“