Die schaffen was weg

Von Andrea Neumeyer
Nachhaltige Transportlösungen brauchen nachhaltige Energien. Die dafür nötigen Anlagen und Bauteile können gigantische Ausmaße haben und müssen dennoch auf normalen Straßen bewegt werden. Eine logistische Herkulesaufgabe, für die Anbieter wie Weltmarktführer Goldhofer sehr spezielle Fahrgestelle entwickeln.
© Goldhofer
Dorthin, wo der Wind weht
Die schaffen was weg© Goldhofer

Das Transportgut
Türme und Rotorblätter für Windkraftanlagen.

Die allgemeine Herausforderung
Um möglichst viel Windenergie zu „ernten“, werden die Flügel und damit auch die Türme moderner Windkraftanlagen immer größer – und der Transport immer komplexer.

Die konkreten Beispiele
Turmsegmente und Rotorblätter des Windanlagenbauers Vestas mussten vom Hafen im schwedischen Gävle landeinwärts ins rund 100 Kilometer entfernte Hedemora transportiert werden (kl. Fotos). Auf Madeira (gr. Foto) wurden Elemente für drei Großwindanlagen vom Hafen Porto Caniçal über die halbe Insel ins hügelige Hinterland des Ortes Ribeira Brava verfrachtet.

Die Lösungen
Die Flügel extrem lang (84 m), die Turmelemente sehr voluminös (6,3 m Durchmesser) – das erforderte in Schweden zwei verschiedene Routen, an denen entlang Kreisverkehre überbaut, hohe Bordsteinkanten aufgeschüttet und Verkehrsschilder sowie Ampelanlagen abgebaut werden mussten. Das Turmsegment wurde für die Fahrt mit Rohradaptern auf dem vorderen und hinteren Fahrgestell fixiert. So lassen sich Segmente von maximal 110 Tonnen Gewicht und bis zu einem Durchmesser von 6,8 Metern transportieren. Beim Fahrgestell am Heck sorgten sechs mitlen­kende Achsmodule pro Seite für eine hohe Manövrierfähigkeit.

Für den Transport der Rotoren hat Goldhofer zwei Systeme entwickelt. In Schweden kam „Blades“ zum Einsatz. Dort wird der Rotorblattsockel in einer auf dem Zugfahrzeug montierten schwenkbaren Spezialhalterung fixiert, die Rotorspitze wiederum liegt auf einem Hinterherläufer auf. Für besonders verwinkelte Passagen, wie sie zum Beispiel auf Madeira bewältigt werden mussten, hat Goldhofer ein FTV genanntes Schwerlastmodul im Programm, das bei besonders engen Stellen sogar selbst fahren kann. Der Clou: Das Modul ist darauf ausgelegt, dass das Rotorblatt nicht nur freischwebend transportiert, sondern auch noch bis zu 60 Grad angehoben werden kann. So streift die Rotorspitze wenn nötig einfach über Hindernisse hinweg. Die in Madeira transportierten Rotorblätter waren mit 67 Meter Länge übrigens „kleine Fische“. Laut Goldhofer sind über 84 Meter Länge möglich.

Die schaffen was weg
In Schweden wurden diese gewaltigen Windkraftanlagenbauteile 100 Kilometer weit auf öffentlichen Straßen transportiert – eine tonnenschwere Millimeterarbeit© Goldhofer
70-Meter-Lindwurm
Die schaffen was weg© Goldhofer

Das Transportgut
Drei Transformatoren für das Umspannwerk eines Offshore-Windparks.

Die allgemeine Herausforderung
Die Energiewende hin zu erneuerbaren Quellen bringt eine Dezentralisierung der Netzinfrastruktur mit sich. Dafür müssen rund um den Globus Anlagen wie Umspannwerke neu errichtet werden.

Das konkrete Beispiel
Damit die Energie des vor der schottischen Küste befindlichen 950-MW-Windparks Moray East den Verbrauchern als 230-Volt-Strom zur Verfügung steht, wurde im Landesinneren bei New Deer ein Umspannwerk mit drei Transformatoren gebaut, jeder über 260 Tonnen schwer und fast zwölf Meter lang. Diese mussten über eine 56 Kilometer lange und dazu noch hügelige, kurven- und brückenreiche Strecke vom Hafen von Peterhead nach New Deer transportiert werden.

Die Lösung
Die genutzte Seitenträgerbrücke „Faktor 5.5“ kann Ladegüter von bis zu sechs Metern Breite, 17 Metern Länge und bis zu 350 Tonnen Gewicht aufnehmen und sie dank Niveauregulierung und 1,6 Meter hydraulischem Hub flexibel bewegen. Da die Transformatoren 90 Tonnen unter dem Maximalgewicht blieben, konnte hinten und vorn eine Konfiguration von je „nur“ 10 Achsen pro Seite gefahren werden. Das machte den 70 Meter langen Lindwurm verhältnismäßig wendig.

Tonnenweise Kabel
Die schaffen was weg© Goldhofer

Das Transportgut
Kabeltrommeln für den Bau von Stromtrassen.

Die Herausforderung
Um den mit Photovoltaik- oder Windkraftanlagen erzeugten Strom dahin zu bringen, wo er gebraucht wird, sind Kabel erforderlich – sehr lange Kabel. Je nach Kabelausführung und -länge (aktuell bis zu zwei Kilometer) wiegen die Trommeln derzeit 55 Tonnen – zukünftig können es bis zu 100 Tonnen sein. Entsprechend verdoppelt sich auch die Breite der Trommmeln von heute vier bis fünf Meter auf acht bis zwölf Meter. Erschwerend kommt hinzu, dass der Schwerlastanhänger (im Foto eine sogenannte Kesselbrücke, die zwischen zwei Schwerlastmodule eingehängt ist und die Kabeltrommel trägt) auch für schwieriges Gelände auf Baustellen geeignet sein muss. Die Möglichkeit des Selbstfahrens erhöht die Manövrierbarkeit des Anhängers.

Die Lösung
Um die immer voluminöser ausfallenden Kabel­ladungen zu bewältigen, entwickeln die Goldhofer-Experten zurzeit eine optimierte Kesselbrücke zur Aufnahme einer Abspulvorrichtung für Trommeln mit bis zu 100 Tonnen Gewicht. Parallel dazu laufen Konzeptionen von Motoren mit synchronisiertem Gleichlauf zum ruckfreien Abspulen der Kabel am Verlegeort.

Mega-Tankwagen
Die schaffen was weg© Al Faris

Das Transportgut
Überlauftanks für einen Solarpark.

Die allgemeine Herausforderung
2005 war der Solarpark Bavaria in Deutschland mit 10 Megawatt (MW) der größte Solarpark der Welt. Der Mohammed-bin-Rashid-Al-Maktoum-Solarpark in Dubai leistet heute schon 800 MW, mit der finalen Ausbaustufe sollen es 5.000 MW oder 5 Gigawatt sein. Um rund um die Uhr Energie liefern zu können, wandeln solche Sonnenkraftwerke Lichtenergie nicht nur in Strom um, sie speichern sie auch in Form von Wärme zwischen, zum Beispiel durch Erhitzen von Thermoöl. Teil dieses komplexen Wärmekreislaufs sind gewaltige Überlauftanks.

Das konkrete Projekt
Insgesamt 30 der je 52 Meter langen und 235 Tonnen schweren Tanks mussten vom Hafen Jebel Ali in den Vereinigten Arabischen Emiraten zu dem Solarpark in der Wüste Dubais transportiert werden. Die größte Herausforderung bestand darin, den engen Zeitplan für die Fertigstellung des Solarparks minuziös einzuhalten. Dafür mussten Route und Verladezeiten optimal geplant werden.

Die Lösung
Die Tanks wurden nacheinander auf 30 Schwerlasttransporte aufgeladen, die sich jeweils im Zweier-Konvoi auf den Weg machten. Um die gewaltige Last von jeweils 235 Tonnen durch den Wüstensand zu ziehen, wurde das Gewicht auf nicht weniger als 30 Achslinien pro Seite verteilt. Im Anschluss an die Reise legten die Tanks noch etwa 100 Meter am Haken eines 400 Tonnen Raupenkrans zurück, um dann auf vorbereiteten Fundamenten montiert zu werden. Der Vorteil in der Wüste: Es mussten keine engen Biegungen gemeistert werden. Daher konnten die Tanks trotz ihrer Länge von 52 Meter auf einem durchgängigen Schwerlastmodul transportiert werden. Kniffeliger wird es, wenn es ums Eck gehen muss. Aber auch das ist möglich, wie das obere Bild von einem Transport in Texas mit einem sogar 60,5 Meter langen Kessel zeigt.

Die schaffen was weg
Tatort Texas: Eine selbstfahrende Nachläuferkombination mit 48 Schwerlastachslinien wuchtete diesen 440 Tonnen schweren und 60,5 Meter langen Kessel ums Eck© Goldhofer