„Wir können auch Truck“
Die neu konzipierte IAA Transportation ist Plattform und Treffpunkt für Transport- und Logistikunternehmen aus aller Welt. Was macht die Messe so reizvoll?
Matthias Zink: Ganz einfach – ohne die Logistikbranche wird es nicht möglich sein, die weltweiten Klimaziele zu erreichen. Sie muss dabei gleichzeitig den Spagat zwischen einer höheren Transportleistung einerseits und niedrigeren Emissionen andererseits meistern. Das wiederum erfordert innovative technische Lösungen – gerade von Zulieferern wie Schaeffler. Auf der IAA Transportation kommen alle Player zusammen und zeigen, wie Transport künftig sicherer, effizienter und damit nachhaltiger wird. Schaeffler ist erstmals dabei und ich freue mich schon sehr auf den Austausch.
Dann wird es ja Zeit für diesen Messeauftritt …
Da haben Sie recht. Viele verbinden die Automobilsparte von Schaeffler mit Antriebslösungen nur für Pkw. Doch wir entwickeln und fertigen Systeme und Komponenten für weit mehr Anwendungen – auch für leichte und schwere Nutzfahrzeuge. Wir können auch Truck. Auf der Messe zeigen wir unsere Antworten auf die drängenden Fragen der Branche aus den Bereichen Antrieb und Fahrwerk.
Was sind das für Produkte, die gute Antworten zu diesen Fragen geben?
Wir bringen unsere Lösungen aus den Bereichen Elektrifizierung, Emissionsreduzierung, Digitalisierung und automatisiertes Fahren mit nach Hannover. Meine Highlights sind unsere Elektromotoren für Nutzfahrzeuge, Komponenten für den Brennstoffzellenantrieb und das Space-Drive-System – eine Schlüsseltechnologie für autonomes Fahren. Von zentraler Bedeutung für jedes System und jede einzelne Komponente, die wir in Hannover zeigen, ist unsere umfassende Industrialisierungskompetenz. Wir können sie lückenlos bis hin zu Umformungs- und Oberflächenprozessen in unseren Werken abbilden. Damit erzielen wir entscheidende Vorteile gegenüber unseren Mitbewerbern und für eine nachhaltige Mobilität. Aber wir wollen auch zuhören und lernen, was die Branche bewegt und wie wir mit unseren Produkten und Services einem klimaneutralen Verkehr immer näherkommen können. Ich persönlich freue mich deshalb ganz besonders auf interessante Dialoge mit Kunden, Partnern und den Vertretern der Transport- und Logistikbranche. Wir müssen alle an einem Strang ziehen, um die große Herausforderung dieser nachhaltigen Transformation der Transport- und Logistikbranche zu meistern.
„Die Transportbranche muss sich in den nächsten Jahren völlig neu erfinden – sowohl im urbanen Raum als auch auf der Langstrecke. Effizienz, Nachhaltigkeit und Sicherheit stehen dabei im Fokus. Schaeffler wird diese neue Mobilität maßgeblich mitgestalten.“
Die kommenden Jahre stehen ganz im Zeichen dieser von Ihnen angesprochenen Transformation. Wo steht die Branche 2030 – und welche Meilensteine wollen Sie bis dahin bewältigt haben?
Betrachten wir die aktuellen Herausforderungen, so muss sich die Transportbranche in den nächsten Jahren völlig neu erfinden – sowohl im urbanen Raum als auch auf der Langstrecke. Effizienz, Nachhaltigkeit und Sicherheit stehen dabei im Fokus. Schaeffler wird diese neue Mobilität maßgeblich mitgestalten. CO₂-effiziente Antriebe sind ein zentrales Thema für unser Automotive-Geschäft. Wir verstehen das Antriebssystem, die Anforderungen und Ziele unserer Kunden und entwickeln auf dieser Basis Antriebslösungen bis auf die Ebene einzelner Komponenten. Unser Produktportfolio reicht von Systemen für die Reduzierung von Verbrauch und CO₂-Emissionen im Antriebsstrang über die Elektrifizierung von Nutzfahrzeugen und Bussen bis zu Komponenten für Brennstoffzellensysteme und Antriebe mit alternativen Kraftstoffen.
Dann schauen wir doch noch mal kurz in den Rückspiegel: Was ist oder war für Sie in den vergangenen zehn Jahren der größte Gamechanger in der Logistik- oder Transportbranche?
Auf jeden Fall sind die Kamera-Monitor-Systeme, die die Außenspiegel von Trucks ersetzen, für mich ein Gamechanger. Die Idee dafür ist einfach, aber genial. Und hier kommt vieles zusammen: Es verbessert die Sicht des Fahrers und senkt den Verbrauch. Das ist für mich eine klassische Win-Win-Entwicklung. Dabei ist es ein hochkomplexes System und erfordert viel Systemwissen. Von solchen Lösungen würde ich gerne mehr sehen.
Und beim Blick nach vorn: Welche Innovationen weisen international als Blaupause den Weg zur Klimaneutralität?
Da möchte ich zwei Themen nennen, erstens eine konsequent durchdachte Elektrifizierung für Nutzfahrzeuge und den Wasserstoffantrieb. In beiden Lösungssträngen steckt enormes Potenzial für die Transport- und Logistikbranche auf ihrem Weg zur Klimaneutralität. Am 20. September werde ich darüber mit weiteren Gästen auch in einem Panel auf der IAA Conference im Rahmen der IAA Transportation sprechen.
Die von Ihnen genannte IAA Conference führt Entscheider, Visionäre und Experten in wichtigen Diskussionen zusammen: Was versprechen Sie sich davon?
Bei der IAA Conference kommt aus meiner Sicht zusammen, was zusammengehört: etablierte Branchenriesen und Newcomer, Hersteller und Zulieferer, Politiker und Experten. Dieser holistische Blick auf die Inhalte gefällt mir, denn wir müssen gerade bei den aktuell so wichtigen Themen gemeinsam an einem Strang ziehen. Es geht darum, Verbrauch und Emissionen massiv zu reduzieren, Logistikketten zu verbessern und Fahrer zu entlasten. Das schafft kein Einzelner allein. Daher freue mich auf den branchenübergreifenden Dialog.
Welchen Trend verfolgen Sie aktuell beruflich mit großem Interesse?
Da bleiben wir schon bei den Themen, die ich hier auch als entscheidend für die IAA Transportation genannt habe. Es begeistert mich zu sehen, wie das Bewusstsein für Nachhaltigkeit und die Reduzierung von Emissionen mittlerweile industrieweit angekommen ist. Mehr und mehr werden diese Themen konsequent verfolgt und Realität – von der Energieerzeugung bis zu ihrer effizienten Nutzung. Ich habe beispielsweise vor ein paar Jahren nicht gedacht, dass ich mich als Ingenieur heute so intensiv mit der Energietechnik für die nächste Generation beschäftige. Hier steckt auch noch viel Potenzial. Ich möchte daran mitarbeiten, dieses Potenzial zu heben.
Dann helfen wir jetzt mal ein bisschen nach und geben Ihnen eine Superkraft, die Ihnen beruflich weiterhelfen würde: Welche wäre das?
Hui, danke! Dazu muss ich kurz etwas ausholen: Vor Kurzem haben wir bei Schaeffler das traditionelle Schaeffler-Kolloquium veranstaltet, unsere größte und wichtigste Kundenveranstaltung. Verglichen mit dem letzten Kolloquium vor vier Jahren haben wir dort in den Themenfeldern Elektrifizierung, Fahrwerkanwendungen und Lager mehr Innovationen, mehr neue Konzepte und mehr Prototypen gezeigt als jemals zuvor bei einem solchen Event. Wenn ich eine Superkraft hätte, dann möchte ich genau diesen Innovationsgeist, diese Begeisterung des gesamten Teams und den Mut, immer neue Technologien für eine Mobilität im Wandel zu entwickeln, beibehalten und in die Zukunft tragen.
Vielen Dank für das Gespräch!
Zur Person: Matthias Zink
Als Vorstand Automotive Technologies ist Matthias Zink (geb. 1969) seit 2019 verantwortlich für die Unternehmensbereiche Motor- und Getriebesysteme, E-Mobilität, Lager, Fahrwerkssysteme und New Mobility. Hinzu kommt der Bereich Forschung und Entwicklung der Sparte Automotive Technologies sowie das Global Key Account Management.
Der studierte Maschinenbauer mit Schwerpunkt Kraftfahrzeugtechnik machte sein Diplom an der Uni Karlsruhe 1994. Zink bezeichnet sich selbst als „Car guy“. Seine Karriere bei Schaeffler begann 1994 bei LuK, sehr schnell übernahm er Führungsverantwortung und entsprechende Positionen im Unternehmen. In den Folgejahren hatte Matthias Zink verschiedene Führungspositionen inne, bevor er 2006 den Geschäftsbereich Kupplungssysteme verantwortete. Nach sieben Jahren erfolgreicher Leitung des Geschäftsbereichs übernahm er 2012 die Leitung von Schaeffler Automotive Asien/Pazifik in China. 2014 kehrte er nach Deutschland zurück.