Willkommen bei den Holofanten
2018 gab es beim deutschen Zirkus Roncalli weltweit erstmals Holografie in der Manege zu bestaunen. Eine kleine Sensation. „Über 150 Länder berichteten in den Abendnachrichten darüber“, erinnert sich Zirkusdirektor Bernhard Paul. Zu sehen sind bei Roncalli seit nunmehr fast fünf Jahren ausschließlich imaginäre Tiere wie Elefanten, Pferde und Vögel, die auch Kunststücke vorführen, zu denen reale auch nach bestem Training nicht in der Lage wären – und das ganz ohne dem Tierwohl in die Quere zu kommen. Elf 360-Grad-Projektoren erwecken die Leuchttiere zum Leben. Mal realistisch, mal fantastisch – aber immer eindrucksvoll.
Vorteil für den Zirkus – neben begeisterten Zuschauern: Er spart sich die Kosten für Futter, Unterbringung und Transport. Außerdem erscheint der Einsatz von echten Tieren vielen Zuschauern als ein qualvoller Anachronismus, Tierschützern sowieso. Viele Städte und Regionen verbieten bereits den Einsatz von lebenden Tieren in Showprogrammen. Mit Hologrammen à la Roncalli transformiert die Showbranche hingegen ihren traditionellen Programmteil mit moderner Technik ins 21. Jahrhundert.
Auch im französischen L’Ecocirque Bouglione tanzen Eisbären als Hologramme durch die Manege, und virtuelle Killerwale gleiten entspannt durch trockenen Luftraum. Auf Leinwänden im Hintergrund entstehen Traumwelten. Vier Jahre haben die früheren Tiertrainer Sandrine und André Bouglione an der Show gefeilt. „Wir sind von Herzen Artisten und Entertainer und wollen mit unserer Kunst auch jüngere Generationen begeistern. Und diese haben aus ethischen Gründen große Probleme damit, wenn wir mit echten Tieren arbeiten“, nennt Sandrine einen der Gründe für die Transformation.
Hightech-Zoo statt Käfighaltung
Auch die Zoo-Branche ist bereits auf den Hologramm-Zug aufgesprungen. Entweder als Ergänzung zum realen Tierleben oder als rein virtuelle Show. Der im Dezember 2022 im australischen Brisbane eröffnete „Hologramm-Zoo“ lässt seine Besucher in ein mit hochpräzisem Laserlicht erzeugtes Holoverse eintauchen. Sie schreiten dort über Canyons, sehen Blauwale und Dinosaurier oder queren nachts einen Fluss, auf dem rosa leuchtende Lotusblüten treiben und in dem drei Meter große Goldfische schwimmen. Neben dem passenden Ton verdichten natursimulierende Düfte und auch Windmaschinen die Atmosphäre zu einer perfekten Kopie der Natur.
Hinter dem Projekt steckt die australische Firma Axiom Holographics, die sonst eher für hochrangige Wissenschaftsinstitutionen, Regierungen oder auch Militärs arbeitet. Firmenchef Bruce Dell ist schon jetzt so begeistert von der Holo-Zoo-Idee, dass er bereits Ableger in Japan, Texas und Europa angekündigt hat.
Sprichwörtlich eintauchen in virtuelle Tierwelten lässt der Anbieter SwimVR seine Kundschaft. Statt Tauchermaske setzen die Schnorchler eine wasserdichte Virtual-Reality-Maske auf. Dann steigen sie ins Schwimmbecken und sehen statt blauer Kacheln eine farbenfroh schillernde Unterwasserwelt. Bunte Rifffische tummeln sich zwischen farbigen Korallenzweigen, eine Schildkröte schwimmt gemächlich vorbei, und ein Anemonenfisch verteidigt sein Revier. Findet Nemo 4.0. – und das ganz ohne Eingriffe in sensible Ökosysteme und ohne CO2-emittierende Langstreckenflüge. Und der Weiße Hai greift auch nicht an – höchstens virtuell …