Superlaser als Blitzableiter
© Krzysztof Kotkowicz (Unsplash)
November 2021

Superlaser als Blitzableiter

Von Björn Carstens
Seit jeher fürchten sich Menschen vor Gewitter. Blitzableiter verringern zwar die Gefahr, doch auch sie haben Nachteile. Laser, die Blitze kanalisieren, könnten das Problem lösen.

Blitze sind zerstörerische Naturgewalten, die sich mit einer Stromstärke von mehreren 100 Kiloampere entladen und bis zu 30.000 Grad heiß werden können. Weltweit verursachen Blitzeinschläge jedes Jahr Schäden von mehreren Milliarden Euro. Sie führen zu Stromausfällen und Waldbränden, sie beschädigen Computersysteme und können Mensch und Tier töten. Wissenschaftler gehen davon aus, dass durch den Klimawandel schwere Gewitter zunehmen.

Seit 1752, seit Benjamin Franklins Geistesblitz mit dem metallischen Drachen, wissen sich die Menschen gegen diese Zerstörungswut zu wappnen. Durch den Versuch kam der US-Erfinder und Staatsmann auf die Idee, Dächer von Gebäuden mit langen Metallspitzen auszustatten, die die elektrischen Entladungen abfangen und in die Erde weiterleiten. Bis heute erfüllen Blitzableiter überall auf der Welt diese Funktion. Auch 270 Jahre nach dem Drachenexperiment.

Blitze werden aus den Wolken gekitzelt

Aber: Blitzableiter helfen nicht immer. Vor allem großen Gebäuden mit technisch sensiblen Anlagen wie Flughäfen oder Kraftwerke bieten sie keinen ausreichenden Schutz. Zudem können Blitzableiter sogar zusätzliche indirekte Auswirkungen wie elektromagnetische Störungen und Überspannungen in Geräten auslösen. Aus diesem Grund hat die EU das Projekt „Laser Lightning Rod“ (LLR) ins Leben gerufen. Die Idee dahinter: Eine Laserkanone soll die Blitze aus den Wolken kitzeln und sie gezielt kanalisieren und von teurer Infrastruktur weglenken, um sie dort in den Boden abzuleiten.

Die Idee an sich existiert schon länger. Allerdings gab es bisher keinen Laser, der den Anforderungen entsprach. Benötigt wird ein Laser mit einer Pulsspitzenleistung von einem Terawatt (eine Billion Watt). Zum Vergleich: Einer der leistungsstärksten Laserpointer auf dem Markt verfügt über eine Leistung von 50 Watt und hat eine Reichweite von 40 Kilometern.

Seit diesem Sommer testen die LLR-Projektpartner der Universität Genf und die Laserspezialisten des Technologieunternehmens Trumpf das fünf Tonnen schwere Lasersystem auf dem Schweizer Berg Säntis. Pro Sekunde schießt der Superlaser 1.000 ultrakurze Laserpulse in die Atmosphäre, erzeugt auf die Art einen scheinbar unendlich langen ionisierten Kanal, ein sogenanntes Laser-Filament, in Richtung der Wolken. Dieser Kanal soll als bevorzugter Weg für den Blitz dienen.

„Wenn wir Laser richtig einsetzen, wird es in Zukunft keine Schäden durch Blitzschlag mehr geben.“

Prof. Jean-Pierre Wolf von der Universität Genf
  • Das Technologieunternehmen Trumpf und die Universität Genf haben den Laserblitza ...
    Das Technologieunternehmen Trumpf und die Universität Genf haben den Laserblitzableiter in Betrieb genommen © TRUMPF / Martin Stollberg
  • Der grüne Laserstrahl ist weithin sichtbar
    Der grüne Laserstrahl ist weithin sichtbar © TRUMPF / Martin Stollberg
  • Der Laser soll gezielt Blitze aus Gewitterwolken kanalisieren
    Der Laser soll gezielt Blitze aus Gewitterwolken kanalisieren © TRUMPF / Martin Stollberg
  • Der Laser wird an der Wetterstation auf dem 2.500 Meter hohen Berg Säntis instal ...
    Der Laser wird an der Wetterstation auf dem 2.500 Meter hohen Berg Säntis installiert © Unige
  • Blick in das Innenleben des Lasers
    Blick in das Innenleben des Lasers © Unige
Gewitterwolken werden unschädlich gemacht

„Die Filamente lösen Entladungen aus und die Blitze folgen dem Weg des Kanals. Wir können die Blitze also sowohl provozieren als auch ihre Richtung bestimmen“, erklärt Prof. Jean-Pierre Wolf von der Universität Genf. So können Gewitterwolken in zweifacher Hinsicht unschädlich gemacht werden: Entweder entlädt der Laser die Wolke so lange, bis sie friedlich ist. Oder er leitet die Blitze zu einem gewöhnlichen Blitzableiter auf dem Boden ab.

Blitz-Hotspots

Wo auf dem Globus die meisten Blitze zucken, hat ein Forscherteam mithilfe von Satellitendaten ermittelt. Den weltweiten Rekord hält der Lago de Maracaibo in Venezuela. Dort blitzt es auf einem Quadratkilometer im Mittel an 297 Tagen im Jahr. Unter den Kontinenten ist Afrika der Spitzenreiter: 283 der Top 500 Blitz-Hotspots liegen dort.