Rising Stars

Von Björn Carstens
Die Start-up-Welt ist ständig in Bewegung. „tomorrow“ stellt aufstrebende Unternehmen vor, deren Innovationen in der Mobilitätsszene bereits für Furore sorgen oder noch sorgen könnten.
© iStock
Thor, der Trucker
Shuttle
Das schwedische Start-up entwickelt digitale, elektrische und autonome Technologien für den Güterverkehr© Enride

Das Start-up: Einride (Schweden, seit 2016)

Das Business: Digitale, elektrische und autonome Technologien für den Güterverkehr.

Die Strategie: Einride übernimmt die volle Verantwortung für den Warentransport von A nach B. Basis ist eine KI-basierte Frachtmobilitätssoftware, mit der das Unternehmen sein Angebot an umweltfreundlichen Elektro-Lkw-Flotten und modernen Ladeparks ergänzt. Saga, so heißt die Technologieplattform, verbindet alle Fahrzeuge im Netzwerk und bietet eine optimierte, dynamische Planung auf Grundlage des Frachtbedarfs, der Verfügbarkeit von Laderampen, von Ladezeiten und Fahrerwechseln et cetera. Damit nicht genug. Zum Kernbusiness von Einride gehört auch die angestrebte Logistik-Revolution mit autonomen T-Pods. Das sind Science-Fiction-artige Lkw ohne Fahrerkabine, die in Schweden und den USA bereits auf öffentlichen Straßen im Einsatz sind.

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Die Einride-Gründer Robert Falck und Linnéa Kornehed
© Einride

Die Köpfe dahinter: Die beruflichen und privaten Wege von Robert Falck und Linnéa Kornehed kreuzten sich irgendwann so oft, dass sie sich dachten: Dann können wir auch heiraten. Ihr noch vor der Eheschließung „gezeugtes Baby“ Einride ist unerhört schnell gewachsen. Namhafte Konzerne haben Hunderte Millionen in Einrides Vision investiert.

„Was wir hier haben, ist buchstäblich eine Technologie, die die Land­karte neu schreiben und neu bestimmen wird, wie wir Geschichte sehen und wie wir Transport sehen.“

Robert Falck im Forbes-Magazin

Die Vision: Der Firmenname gibt die Richtung vor. Einride ist eine Anspielung auf den Donnergott Thor und bedeutet „einsamer Reiter“. So einsam, dass es eigentlich nicht mal einen nordischen Reitersmann braucht, der Einrides Innovation pilotiert. Einride möchte, dass der Fahrer künftig aus dem Lkw aussteigt, aber nicht aus dem Job, sondern stattdessen als Remote-Fahrer in einem Kommandozentrum arbeitet. Denn sofern Mitarbeitende in einer Einsatzzentrale mehrere Lkw zeitgleich betreuen können, sinken die Kosten. Die Fernlenker würden von höheren Löhnen und einem sicheren Arbeitsplatz profitieren, Einrides Kunden von sinkenden Kosten.

www.einride.tech

Origami-Solarpanels to go
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Die 13,5 Kilo schweren Panels von Levante lassen sich auf ein Maß von rund 120 mal 40 Zentimeter verkleinern, während sie im Betrieb 270 mal 165 Zentimeter messen© Levante

Das Start-up: Levante (Italien, seit 2021)

Das Business: Mobile Solartechnik.

Die Strategie: Fotovoltaik bedeutet nicht nur ­grüne Stromversorgung zu Hause auf dem eigenen Hausdach, sondern ist auch eine gute Energiequelle fernab des Stromnetzes – bei Outdoor-Abenteuern, beim Camping oder auf einem Boot können Solarmodule Batterien aufladen. Der Geistesblitz der Gründer: leistungsstarke Solarpa­nels mit bis zu 500 Watt, die sich, inspiriert von japanischer Papierfalttechnik, leicht auf ein tragbares Maß zusammenklappen lassen. Ihre Leitfrage: Wie lässt sich mehr Platz für Solarenergie schaffen, wenn unterwegs wenig Platz zur Verfügung steht? Die 13,5 Kilo schweren Panels von Levante lassen sich auf ein Maß von rund 120 mal 40 Zentimeter verkleinern, während sie im Betrieb 270 mal 165 Zentimeter messen.

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Die Gründer Sara Plaga und Joar Myklebust sind auch privat ein Paar. Ihre 500 Watt starken, faltbaren Solarpanels kommen unter anderem auf einem Segelboot zum Einsatz
© Levante

Die Köpfe dahinter: Sara Plaga aus Italien und Kim-Joar Myklebust aus Norwegen lernten sich 2009 auf einem Musikfestival in Dänemark kennen und lieben. Seitdem sammelt das Pärchen rund um die Welt Erinnerungen – vornehmlich bei Reisen im Wohnmobil und mit dem Segelboot. Ihr Problem: Nicht immer war unterwegs an genügend saubere Energie zu kommen. 2021 kündigten sie ihre Nine-to-five-Jobs und gründeten ihr Start-up, schon zuvor machten sie Bekanntschaft mit dem Weltumsegler-Paar von „Sailing Uma“, das Le­vante mitentwickelte und auf seinem YouTube-Kanal promotet.

Die Vision: Der Firmenname Levante steht symbolhaft für die Vision des Gründerpärchens. Er ist ein Synonym für den Namen ihrer ersten Tochter Au­rora und steht für die im Osten aufgehende Sonne, Hoffnung, Energie und einen Neuanfang. „Wir wollten mit unserer beruflichen Tätigkeit immer dazu beitragen, einen positiven Einfluss auf unseren Planeten zu nehmen“, schreiben die Gründer auf ihrer Homepage.

www.levante.eco

Schwimmender Olympionik
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Neptech will mit seinen auf der Pariser Seine fahrenden Wasserstofftaxis bei den Olympischen Spielen 2024 Eindruck machen© Neptech

Das Business: Entwicklung emissionsfreier Wasserstoff-betriebener Katamarane, um Stadtzentren durch eine bessere Nutzung von Wasserstraßen zu entlasten.

Die Strategie: Dieselbetriebene Schiffe sind als Umweltfrevel verschrien. Das französische Start-up Neptech hat erkannt, dass sich besonders öffentliche Transportunternehmen umweltfreundlichere Schiffe wünschen. Vier innovative Schiffstypen haben die Ingenieure von Neptech entwickelt – sowohl für den Pendler- und Touristen- als auch für den Frachtverkehr. Die ­Schiffe sind bis zu 30 Meter lang, bieten Platz für bis zu 200 Passagiere oder 20 Tonnen Fracht. Der Antrieb basiert auf einer von Toyota entwickelten Brennstoffzelle. Was man wissen muss: Ein Wasserstoffantrieb ist bei gleicher Leistung drei- bis viermal so schwer wie ein Dieselmotor. Das macht das Schiff langsamer und verringert die Reichweite. Neptech möchte diesen Malus mit einem besonders schlank designten Rumpf ausmerzen, der den Energieverbrauch um bis zu 40 Prozent reduzieren soll.

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Die Neptech-Gründer (v. l.) Corentin Bigot, Tanguy Goetz und Clément Rousset wollen eine emissionsfreie Schifffahrt
© Neptech

Die Köpfe dahinter: Ehrlich sind sie ja, die drei Gründer. Für das Schiffbau-erfahrene Trio ist sein Business-Case klar eine Wette auf morgen, wie in dicken Lettern auf der Website zu lesen ist. Das heißt: Sicher sind sie sich nicht, dass ihr Produkt einschlägt, aber sie arbeiten seit etwa drei Jahren hart daran. Erster großer Erfolg: Weil sie einen Innovations-Wettbewerb gewannen, ­könnte ihr Debüt publikumswirksamer kaum ausfallen. Die Neptech-Innovation soll bei den Olympischen Spielen 2024 in Paris erstmals Passagiere über die Seine schippern.

Die Vision: Neptechs Vision hat viel mit dem folgenden Fakt zu tun: Die weltweite Schifffahrt pustet jährlich fast eine Milliarde Tonnen CO2 in die Atmosphäre. Viel zu viel, um die Klimaziele zu erreichen. Die Internationale Seeschifffahrtsorganisation (IMO) hat das Ziel ausgerufen, die Treibhausgas-Emissionen bis 2050 um mindestens 50 Prozent zu reduzieren. Neptech will dazu beitragen, den CO2-Fußabdruck der Schifffahrt zu senken.

www.neptech.co

Falco lebt!
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Wenn vollgeladen, fährt er zum nächsten E-Auto: So soll der schienen­geführte Laderoboter (CHARbO) bis zu 20 Ladesäulen ersetzen© Alveri

Das Start-up: Alveri (Österreich, seit 2019)

Das Business: Mobilitätswende zu E-Fahrzeugen.

Die Strategie: Voller Fokus auf den Ausbau einer smarten Ladeinfrastruktur, um hinterher ein preiswertes und damit massentaugliches E-Auto anbieten zu können. Das Start-up setzt auf einen Drei-Säulen-Plan. Säule 1: Die Alveri-App analysiert das Fahrverhalten ihrer User auf Elektroauto-Tauglichkeit und empfiehlt ein passendes Auto. Säule 2: Parallel hat die Firma einen Prototyp eines vollautomatischen, schienen­geführten Laderoboters (CHARbO) gebaut, der bis zu 20 Ladesäulen ersetzen kann. Er soll das Problem dauerblockierter Ladesäulen lösen und das weite Geschäftsfeld des autonomen Fahrens öffnen. Marktstart: 2024. Säule 3: Alveri entwickelt einen Elektro-Kombi namens Falco, der auf Refurbishing setzt. Alle Bauteile sollen in wenigen Stunden erneuert werden können. Die Vorteile: weniger Kosten, kleinerer ökologischer Fußabdruck und neue Businessmodelle für Werkstätten.

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Gründer Ehsan Zadmard musste mit seiner Familie aus dem Kriegsgebiet Afghanistans fliehen© Johannes Jank

Der Kopf dahinter: Gründer Ehsan Zadmard. Er trainierte sich den Wettbewerbs­gedanken früh an. „Wir mussten immer viel Ehrgeiz zeigen“, betont der Mitt­dreißiger. Wir: Damit meint er seine Eltern und seine vier Geschwister, mit denen er als Siebenjähriger aus dem Kriegsgebiet Afghanistans flüchtete und in der oberösterreichischen Provinz strandete. Ein Neustart in der Ferne, der ihn bis heute antreibt. Zadmard will etwas bewegen. Nach der Matura studiert er Global Sales and ­Management und wird gleichzeitig Vollzeitmanager bei Eisen Wagner – einem Mittelständler, der zum weltgrößten Stahlkonzern ­ArcelorMittal gehört. Dem Weltkonzern fällt der Strebsame schnell auf. Als Zadmard mit der Aufgabe betraut wird, die Zukunft der Abteilung Technischer Handel auszuloten, schlägt seine Stunde. Der Macher mit Migrationshintergrund entwickelt einen Businessplan und kauft die Abteilung mit 30 Mitarbeitern aus dem Konzern heraus. Heute wird das Buy-out-Projekt von Zadmards jüngeren Brüdern geführt – für ihn war der Millionendeal mit ArcelorMittal der Startschuss ins Unternehmertum und gleichzeitig für ein noch größeres Projekt: Alveri.

Die Vision: „Es geht uns nicht nur darum, eine App, einen Laderoboter und ein Auto zu entwickeln. Wir wollen ein völlig neues Ökosystem für die Mobilität von morgen errichten“, sagt Ehsan Zadmard. Eine „All-in-one-App-Lösung“ als 360-Grad-Schnittstelle zwischen Mensch und Maschine, die zur Buchungs- und Bezahlplattform werden soll. Nutzer sollen sich mit einer App umweltfreundlich von Tür zu Tür bewegen können. Ob sie dafür Bus und Bahn, E-Scooter, E-Bikes oder das Alveri-Elektroauto benutzen, ist zweitrangig.

www.alveri.at

Ein Airbnb für Parkplätze
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Malte Wussow (l.) und Christopher Gruber (r.) haben zusammen mit Andreas Görtzen die App Peuka entwickelt© Peuka

„Sobald ein Parkplatz gebucht ist, wird eine Chatfunktion zwischen Mieter und Vermieter aktiviert.“

Malte Wussow, Peuka-Gründer

Das Start-up: Peuka (Deutschland, seit 2023)

Das Business: Leitsystem für (Privat-)Parkplätze.

Die Strategie: Mithilfe einer datenbankgestützten App sollen private Vermieter von Parkplätzen, Hauseinfahrten sowie Hinterhöfen und Parkplatz-Suchende zueinanderfinden. Die Plätze sollen stunden- oder tageweise gemietet werden können. Auch gewerbliche Flächen, die nachts leer stehen, können über Peuka verwaltet werden.

Die Köpfe dahinter:
Drei norddeutsche junge Männer aus Kiel ärgerten sich tagtäglich schwarz, weil sie erst mal 30 Minuten um den Block ­kurven mussten, um einen freien Parkplatz zu ergattern. Dabei sahen sie an jeder Ecke Lücken vor Büros, in Garageneinfahrten usw. Mit ihrer digitalen Lösung bringen sie nun Anbieter und Nutzer zusammen. In einem ­ersten Aufschlag zunächst in der deutschen Ostseestadt Eckernförde.

Die Vision: Ziel ist es, die angespannte Stellplatz-Situation in vielen Kommunen Deutschlands mit einer smarten Lösung zu entlasten. Eine Art Airbnb für Parkplätze, deren Vermieter sich ein paar Taler dazuverdienen können. „Mittlerweile haben wir mehr als 1.500 User. Das Inte­resse ist da. Jetzt brauchen wir die Anbieter“, sagt der Mitgründer Christopher Gruber.

www.peuka.com

1.000 Einwohner, 0 Autos
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Keine 15-Minuten-Stadt, eine 5-Minuten-Stadt soll Culdesac Tempe sein. Im Frühjahr 2023 sind die ersten Bewohner eingezogen© Culdesac

Das Start-up: Culdesac (USA, seit 2019)

Das Business: Entwicklung autofreier Stadtteile.

Die Strategie: Ja, die allermeisten Amerikaner brauchen immer noch Autos, um überall hinzukommen. Ja, die allermeisten haben auch eines. Doch selbst in einer stolzen Autonation wie den USA bewegt sich was. Das meint das Start-up Culdesac erkannt zu haben. Die alte Gleichung ein Amerikaner = ein Auto geht ihrer Ansicht nach nicht mehr auf. Der Besitz eines Autos weiche (langsam) einer Mobilität nach Bedarf. Shared sei bei jungen Leuten Trumpf. Das Immobilienprojekt Culdesac Tempe nahe Phoenix preist sich selbst als „erstes autofreies Viertel der USA, das von Grund auf neu gebaut wurde“. Hier lautet die Gleichung: 1.000 Einwohner, 0 Privatwagen. Culdesac Tempe soll keine 15-Minuten-, sondern eine 5-Minuten-Stadt sein, in der alle Bewohner ihre Wege des Alltags in weniger als fünf Minuten entweder zu Fuß, mit dem Rad oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln erledigen können. Privatautos sind verboten, dafür dürfen Residenten kostenlos Bahn fahren und erhalten Rabatt auf Mietroller.

Der Kopf dahinter:
Ryan Johnson verbrachte selbst seine halbe Kindheit gefühlt hinter einer Windschutzscheibe. Zur Schule ging’s mit dem Auto, zum Sport, zum Eisessen, einfach überall hin … Amerikanische Innenstädte, die zu großen Teilen aus grauen Parkplatzwüsten bestehen, sind Johnson ein Graus: „Phoenix ist für Autos gebaut. Deshalb haben alle Menschen ein Auto. Deshalb muss Phoenix weiter für Autos gebaut werden. Bei Culdesac sehen wir einen Ausweg aus diesem Kreislauf. Wir beginnen beim Transport. Wie wir uns bewegen, bestimmt, wie wir leben, und wie wir uns bewegen, verändert sich.“

Die Vision: Pkw-Emissionen haben auch in den USA einen Löwenanteil an der Luftverschmutzung. Studien ergaben, dass in den Vereinigten Staaten dreimal so viele Menschen an den Folgen verschmutzter Luft sterben wie bei Autounfällen. Culdesac will für Menschen eine gesündere und umweltfreundlichere Option sein. „Wir erleben die erste große Verkehrswende seit dem Autobahnsystem der Bundesstaaten“, sagt Ryan Johnson.

www.culdesac.com

STARTUP AUTOBAHN mit Schaeffler
Rising Stars© Getty

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