Immer der Sonne nach
Nur kurz war die Hoffnung, dass Stromnetze mit der zunehmenden Verbreitung erneuerbarer Energien und einer damit verbundenen räumlichen Annäherung der Quelle an den Kunden an Bedeutung verlieren würden. Heute wissen wir: Dem ist nicht so. Fotovoltaik, Solarenergie, Wind- und vor allem die Wasserkraft tragen zwar mittlerweile mit rund einem Viertel zur weltweiten Stromerzeugung bei – aber unabhängig von Netzen machen sie uns nicht. Regionale Autarkie dank lokaler Selbstversorgung bleibt auch im 21. Jahrhundert Utopie. Im Gegenteil: Erst die Verbindung mit vielen anderen Erzeugern schafft für das solare Kleinkraftwerk auf dem Häuserdach oder das Windrad auf dem Dorfanger die nötige Versorgungssicherheit.
Auch ist die Nähe zum Verbraucher nicht immer von Vorteil: Fotovoltaikzellen ernten in den Tropen zum Beispiel mehr als doppelt so viel Energie aus dem Sonnenlicht wie vergleichbare Anlagen in gemäßigten Klimazonen nördlich des 40. Breitengrades, wo der Stromhunger in Städten wie New York, Berlin, Moskau oder London aber am größten ist. Im Zusammenspiel mit den seit Jahren fallenden Preisen für Module und Wechselrichter werden Solarparks in sonnenreichen Regionen immer attraktiver. Im Wüstenstaat Dubai wächst ein solcher Solarpark heran. Die Gestehungskosten von einer Kilowattstunde aus Sonnenenergie sollen dort bis auf gerade einmal 1,5 Cent purzeln, ein Bruchteil vom dem, was Strom aus konventionellen Kraftwerken kostet. Vieles spräche also dafür, globale Stromautobahnen zu schaffen, damit das Elektro-Schneemobil im vereisten russischen Murmansk zukünftig mit CO₂-sparendem Sonnenstrom aus der Wüstenstadt Manamah betrieben werden könnte.
Verlustreicher Stromtransport
Doch „Q=I*L*R/Delta U“ – so lautet die Formel, die Energieversorgern und Übertragungsnetzbetreibern weltweit Kopfschmerzen bereitet. Sie gibt an, wie elektrischer Strom auf seinem Weg durch Kupfer und Aluminium mit jedem Meter an Spannung verliert und dabei Energie – meist in Form von Wärme – an die Umgebung abgibt. Will man diese sogenannten Transmissionsverluste reduzieren, muss man den Querschnitt der Leitungen erhöhen oder aber den Strom hochtransformieren.
Mit bis zu 380 kV Drehstrom arbeitet heute die sogenannte Transportebene des europäischen Energieverbundnetzes UCTE. Russland und Kanada übertragen Strom sogar mit bis zu 750 kV. Zwischen ein und sechs Prozent der übertragenen Energie gehen dabei auf hundert Kilometern verloren. Wenn sich beispielsweise die Leitungsbündel unter Last auf bis zu 80 Grad erhitzen oder an warmen Sommertagen über sogenannte Koronaentladungen ihr typisches Knistern von sich geben, steigt der Schwund. Erdkabel verlieren auf dem Weg zum Verbraucher noch einmal ein gutes Viertel mehr an elektrischer Energie.
AC kontra DC
Seit einiger Zeit erlebt deshalb der Gleichstrom mittels sogenannter Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragungsleitungen (HGÜs) ein Revival, etwa bei der Anbindung von Offshore-Windkraftanlagen oder bei Punkt-zu-Punkt-Verbindungen über weite Strecken. Die Drehstrom-/Wechselstrom-Technik kommt dort an technische Grenzen, ihre Leitungen wirken wie große elektrische Kondensatoren. Gleichstrom hat auf lange Distanzen bis zu zehnmal geringere Leitungsverluste. Dafür ist die Transformator- und Schaltungstechnik an den Endpunkten deutlich aufwendiger. HGÜs durch den Skagerrak verbinden beispielsweise seit 1977 zuverlässig das nordeuropäische Verbundsystem NORDEL mit dem Netz der kontinentaleuropäischen Staaten UCTE.
Trotz solcher Verkoppelungen sind die europäischen Verbundsysteme weit davon entfernt, ein hocheffizientes „Supergrid“ zu sein, obwohl bereits vor der Jahrtausendwende erste entsprechende Konzepte erarbeitet wurden. In solch einem Supergrid könnten gewaltige Strommengen über größere Distanzen verschoben werden – oder importiert werden, zum Beispiel aus wind- und sonnenreichen Ländern Nordafrikas.
Eine agile und effiziente Verteilung großer Strompakete aus erneuerbaren Energiequellen über Grenzen oder Kontinente hinweg würde auch Kapazitätsengpässen durch sogenannte „Dunkelflauten“ den Schrecken nehmen. Denn irgendwo auf der Welt scheint immer die Sonne oder weht ein frischer Wind. Daher würden Supergrids dem Energieexperten Dr.-Ing. Gregor Czisch zufolge den Bedarf an riesigen Speicherkapazitäten und konventionellen Grundlastkraftwerken marginalisieren.
Bei so vielen positiven Seiten fragt man sich, warum unser Planet noch nicht mit einem Supernetz durchwoben ist. „Die Entwicklung wird durch eine Reihe von Faktoren erschwert“, erklärt Energiemarktexpertin Jessica Lewis, Leitende Analystin bei Navigant Research. „Dazu gehören ein begrenzter politischer Wille, das Fehlen harmonisierter Standards, komplexe Genehmigungs- und Zulassungsverfahren für grenzüberschreitende Übertragungsprojekte und eine konventionelle Sichtweise, dass die Energiesicherheit nationales Hoheitsgebiet ist. Deswegen zögern einzelne Länder, ihre Versorgungssicherheit in die Hände anderer zu legen.“
Erste Supergrid-Fäden sind geknüpft
Nichtsdestotrotz wächst die Zahl einzelner Hochleistungsstromstrecken zum Übertragen regenerativ erzeugter Energie. Windparks in der deutschen Nordsee liefern ihren Strom über HGÜs ans Festland. Entlang des deutschen SüdLink-Korridors soll das größte HGÜ-Erdkabelprojekt der Welt umgesetzt werden. In den USA gibt es eine HGÜ-Verbindung für Windstrom von Oklahoma ins mehr als 1.000 Kilometer entfernte Tennessee. In Brasilien fließen 600 kV durch eine 2.400 Kilometer lange HGÜ, beim sogenannten Champa Project in Indien sind es 800 kV über 1.365 Kilometer.
Vorreiter beim Bau von HGÜ jenseits der magischen 1-Megavolt-Grenze ist China, das seit 2019 von Changji nach Guquan Gleichstrom über 3.000 Kilometer mit 1,1 Megavolt transportiert – und das mit einer Verlustrate von weniger als fünf Prozent auf der gesamten Strecke. Zum Vergleich: Durchs deutsche Drehstromnetz flutschen nur 380 Kilovolt. Über die von Peking initiierte Energieagentur GEIDCO will das Land bis 2070 den Bau eines weltumspannenden Energienetzes vorantreiben, auch durch Ozeane. Geschätzte Kosten: gigantische 38 Billionen US-Dollar. Die enormen Kosten sind sicherlich auch ein Grund, warum das globale Supernetz aktuell sehr grobmaschig ist.
Das chinesische Megaprojekt soll als Supernetzebene die kontinentalen Transportnetze miteinander verknüpfen. Die umständliche Verschiffung von Energie in Gas- und Rohöltankern über die Weltmeere könnte dann Geschichte sein und stattdessen saudische Wüstensonne per Stromkabel Fischerhütten auf den Aleuten erwärmen.
Innovative Technik für nachhaltigen Strom
Mobilität soll klima- und umweltfreundlicher werden – zum Beispiel durch elektrisch angetriebene Fahrzeuge. Aber das ist nur dann wirklich sinnvoll, wenn auch der Strom dafür sauber produziert wird. Dafür bieten sich Solar-, Wasser- und Windkraftanlagen an. Schaeffler liefert für alle entscheidende Komponenten und Systemlösungen.
Windkraft
Weltweit bietet bodennahe Windenergie Potenzial für über 400 Terawatt Leistung – etwa das 20-Fache des weltweiten Energiebedarfs. Als einer der weltweit führenden Wälzlagerhersteller und Entwicklungspartner der Branche produziert Schaeffler seit mehr als 30 Jahren und mit entsprechend umfangreicher Expertise Großlager und andere Komponenten für Windkraftanlagen. Hochmoderne Berechnungs- und Simulationsprogramme optimieren deren Auslegung. Schaeffler-Lager kommen von der Rotorwelle über Getriebe und Generator bis zur Windnachführung und Blattverstellung zum Einsatz. Das digitale Condition Monitoring von Schaeffler ermöglicht eine hohe Anlagenverfügbarkeit und senkt den Wartungsaufwand.
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Wasserkraft
Weltweit erzeugen Wasserkraftwerke deutlich mehr Strom als Kernkraftwerke und stillen mehr als 16 Prozent des globalen Bedarfs an elektrischer Energie. Über die konventionelle Nutzung von Wasserkraft hinaus sind zusehends neue Technologien auf dem Vormarsch, die auf die Stromproduktion durch Nutzung von Wellenbewegungen und Strömungen in den Meeren setzen. Ob konventionelle oder neue Wege der Wasserkraft – Schaeffler bietet die passenden Lagerlösungen und Engineering-Ressourcen.
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Solarkraft
Die Sonne liefert jeden Tag so viel Energie, dass der weltweite Bedarf eines ganzen Jahres gedeckt wäre. Um den maximalen Wirkungsgrad zu erzielen, müssen Solarkraftwerke besonders effizient, präzise und ausfallsicher arbeiten. Als Entwicklungspartner und Zulieferer engagiert sich Schaeffler derzeit in mehreren Projekten, zum Beispiel für Parabolrinnen-, Solarturm-, Fresnel- und Dish-Stirling-Kraftwerke. Schaeffler bietet für Nachführsysteme von Solaranlagen ein vielseitiges Angebot an Wälz- und Gleitlagern.
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