Sie galten bereits vor mehreren Tausend Jahren als ideales Beförderungsmittel über Schluchten und Flüsse: Seilbahnen. Inzwischen haben sich die schwebenden Gondeln in vielen Städten der Welt sogar im öffentlichen Personennahverkehr etabliert. Gehen Sie mit uns auf die Reise und entdecken Sie die spektakulärsten Seilbahnen.
Die Einheimischen nennen sie nur O Bondinho, das Bähnchen. Gemeint ist die Teleférico do Pão de Açúcar im brasilianischen Rio de Janeiro, die Seilbahn in und an der sich 007-Agent James Bond, gespielt von Roger Moore, mit dem „Beißer“ in dem Film „Moonraker – Streng geheim“ minutenlang prügeln.
O Bondinho ersetzte 1972 eine bereits 1912/1913 erbaute Vorgängerbahn. Die Seilbahn ist in zwei stützenlose Sektionen unterteilt und führt vom Strand über 1.263 Meter bis auf den 395 Meter hohen und weltbekannten Zuckerhut, einen steil emporragenden Granitfelsen. Von dort haben Besucher einen grandiosen Blick vom Atlantik über die vielen Buchten und Hügel bis zur Copacabana, dem wohl bekanntesten Strand der Welt, und zur etwa fünf Kilometer entfernten Christus-Statue Cristo Redentor.
Menschen mit Höhenangst sollte die Peak 2 Peak Gondola in der kanadischen Provinz Columbia meiden. Sie hielt bis zur Inbetriebnahme der Seilbahn Zugspitze gleich zwei Rekorde. Mit 3.024 Metern hatte sie die bis dahin größte Spannweite aller Seilbahnen. Geblieben ist ihr der Rekord für die höchste Höhe über Grund.
Wer durch den Glasboden einer der 28 Gondeln nach unten schaut, blickt am tiefsten Punkt 436 Meter in die Tiefe. Dabei beträgt der Höhenunterschied zwischen den beiden Stationen gerade einmal 36 Meter. Denn die Peak 2 Peak überbrückt, wie der Name andeutet, das tief eingeschnittene Tal des Fitzsimmons Creek und verbindet zwei Skigebiete am Whistler Mountain und am Blackcomb Peak. Alle Gondeln verfügen über Radarwarngeräte, die Flugzeuge vor der das Tal querenden Seilbahn warnen.
Mit Vollspeed von einem Skigebiet zum anderen: 45 km/h hören sich nicht besonders schnell an – für eine Seilbahn ist es aber ein fast atemberaubendes Tempo. Der Vanoise Express verbindet die Skigebiete Les Arcs und La Plagne in den französischen Alpen. Das Besondere sind die Doppelstockkabinen mit Platz für je 200 Passagiere und das Seilsystem, das die 1.600 Meter Distanz ohne Stützen überbrückt. Die Gondeln schweben in bis zu 380 Meter Höhe über Grund. Der Höhenunterschied zwischen den Stationen Plan Peisey und Montchavin beträgt allerdings nur 64 Meter.
Die Predigtstuhlbahn in Bad Reichenhall, Deutschland, ist die älteste noch in Betrieb befindliche Seilbahn der Welt. Seit ihrer Jungfernfahrt im Jahr 1928 erhebt sich dieses technische Meisterwerk majestätisch über die bayerische Landschaft. Die Predigtstuhlbahn überwindet einen Höhenunterschied von 1.107 Metern auf einer Strecke von 2.380 Metern und beeindruckt nicht nur mit ihrer Langlebigkeit, sondern auch mit ihrer charmanten, nostalgischen Eleganz.
Die Technologie hinter dieser historischen Seilbahn ist ebenso robust wie genial. Die Kombination aus einem umlaufenden Tragseil und einem Zugseil, das von einer Antriebsstation gezogen wird, ermöglicht eine reibungslose und sichere Beförderung. Erstaunlich: Das originale Tragseil von 1928 ist bis heute im Einsatz. Es wird aus technischen und Sicherheitsgründen alle 12 Jahre um sechs Meter versetzt. Die Längenreserven reichen noch für mehrere Jahrzehnte.
Wer online nach der längsten Seilbahn der Welt sucht, bekommt ganz unterschiedliche Ergebnisse angezeigt. In den Trefferlisten steht meist die Kabinenbahn Cablebus 2 in Mexiko-Stadt ganz oben. Sie ist mit 10,55 Kilometern die längste städtische Seilbahn der Welt und soll dem Verkehrschaos am Boden, in dem auch städtische Busse regelmäßig im Stau stehen, Paroli bieten und Passanten schnell von einem Stadtteil in den anderen verhelfen.
Auch die mit 10 Kilometern Länge nur unwesentlich kürzere Teleférico in La Paz, Bolivien, taucht in den Trefferlisten regelmäßig auf. Sie verbindet die Metropole mit der Bergstadt El Alto und soll ebenfalls Verkehrsprobleme „umfahren“.
Eher selten findet man hingegen die tatsächlich längste Seilbahn der Welt. Vermutlich, weil sie weniger spektakulär ist, aber dafür äußerst gemütlich: Mit gerade einmal 10 km/h dauerte die Fahrt über die 13.163 Meter lange Strecke der Luftseilbahn im schwedischen Norsjö gute 90 Minuten – mit herrlicher Aussicht bis tief in das südliche Lappland. Aufgrund von altersbedingten Schäden an den 73 Betonstützen ist der Betrieb 2018 eingestellt worden.
3.213 Meter überbrücken die Trag- und Zugseile der Seilbahn Zugspitze bei Garmisch-Patenkirchen ohne einen Stützpfeiler – mehr als alle anderen Seilbahnen. Mit 1.945 Metern weist sie dabei auch den weltweit größten Höhenunterschied in einer Sektion auf. Die Seilbahn Zugspitze wurde 2012 eröffnet. Sie hat nur eine einzige Stütze – mit 127 Metern die höchste Pendelbahnstütze in Stahlbauweise.
Die beiden bodentief verglasten Kabinen haben Platz für je 120 Passagiere und fahren mit einem vergleichsweise zügigen Tempo von bis zu 38 km/h. Jedes Tragseil bringt 153 Tonnen Gewicht auf die Waage. Die Konstruktion des Seilsystems lässt den sicheren Betrieb auch bei Windgeschwindigkeiten von bis zu 100 km/h zu. An der Bergstation der Zugspitze haben die Besucher einen 360-Grad-Panoramablick über mehr als 400 Berggipfel der Alpen.
Ihre Talstation liegt auf einer Höhe, auf der andere Seilbahnen maximal ihre Bergstationen haben: Die Dagu Glacier Gondola im chinesischen Dagu-Gletscher-Nationalpark ist zwar nur 2,4 Kilometer lang, doch sie startet auf beeindruckenden 3.617 Metern Höhe.
Ziel ist ein flacher und weiter Bereich des Dagu-Gletschers in 4.843 Metern Höhe, auf dem gefahrlos Spaziergänge unternommen werden können. Mit keiner anderen Seilbahn kommt man dem Himmel so nah. Aufgrund der großen Höhe und der damit verbundenen dünnen Atemluft stehen sowohl auf dem Gletscher als auch in den 36 Gondeln Sauerstoffflaschen und Atemmasken für die Passgiere bereit. Mit einer Geschwindigkeit von 21,6 km/h zählt die Dagu Glacier Gondola eher zu den gemütlichen Seilbahnen, auch wenn dieser Ausdruck angesichts der imposanten Höhe überhaupt nicht passen mag.
Bei dieser Seilbahn geht es nicht um Schnee und Eis. Sie fährt mit 40,5 Metern auch nicht besonders hoch, dennoch bietet sie einen traumhaften Ausblick. Und zwar über den tropischen Regenwald im Norden des australischen Bundesstaats Queensland. Die 114 Gondeln scheinen über die Baumwipfel zu schweben. Je sechs Passagiere kommen dem Urwald so auf eine sehr ungewöhnliche Art und Weise nahe.
Die Skyrail Rainforest Cableway ist bis zu 18 km/h schnell, die sie aber nie fährt, um den Passagieren viel Zeit mit dem Regenwald zu bieten. Für die gerade einmal 7,5 Kilometer lange Strecke benötigt die Seilbahn etwa 90 Minuten. Berühmte Passagiere waren neben der Olympischen Flamme für die Sommerspiele 2000 in Sydney die ehemalige britische Königin Elisabeth II. und ihr Ehemann Prinz Philip.
Es klingt wie aus einem Märchen, aber bei der Jericho-Seilbahn in den Palästinensischen Autonomiegebieten, etwa 10 Kilometer nördlich des Toten Meeres, liegen Tal- und Bergstation sowie die gesamte 1.330 Meter lange Strecke unter dem Meeresspiegel. Die Seilbahn startet in Jericho, der tiefsten Stadt der Welt, auf 230 Meter unter dem Meeresspiegel und führt über 7 Stützen zum griechisch-orthodoxen Kloster Qarantal auf dem Berg der Versuchung (Dschabal al-Quruntul) im Westjordanland. Dieser Berg liegt immer noch 50 Meter unter dem Meeresspiegel.
Die Fahrtdauer der 1999 fertiggestellten Jericho-Seilbahn beträgt 5 Minuten. Da das Tragseil zum Ein- und Aussteigen angehalten werden muss, stoppen die jeweils anderen Gondeln währenddessen auf freier Fahrt.
Sie kennen die typischen Doppeldeckerbusse mit offener Oberetage? Nun stellen Sie sich so etwas als Gondel einer Seilbahn vor. Gibt es tatsächlich. Und zwar in der Schweiz, genauer am Stanserhorn. Die 2012 in Betrieb genommene Stanserhorn-Luftseilbahn bietet zwei Gondeln mit jeweils einem Cabriodeck. Dieses ist über eine Wendeltreppe innerhalb der Gondel zu erreichen.
Die technische Besonderheit der Cabrio-Bahn ist die Aufhängung der Gondeln: Aufgrund der Cabrioebene können diese Gondeln nicht an einem langen Pendelarm aufgehängt werden, die das horizontale Beschleunigen bei Stützenüberfahrten abmildern. Bei den Cabriogondeln gleichen hydraulische Zylinder die lästigen Schwingbewegungen aus.
... fährt autonom vom Berg durch die Stadt. Zumindest sieht das das vom Seilbahn-Spezialisten Leitner 2021 vorgestellte Hybridfahrzeug ConnX vor. Im Prinzip handelt es sich dabei um eine Gondel, die automatisiert in einer Talstation auf ein autonom agierendes Fahrgestell gesetzt wird.
Somit müssen Passagiere die Gondel nicht mehr verlassen und können bequem bis zu ihrem Zielort gelangen. Seilbahn-Spezialist Leitner will mit dem Konzept auch für Seilbahnen als innerstädtische Verkehrsalternativen in Metropolregionen werben. Aktuell setzt Leitner ConnX nur im Testbetrieb auf seinem Firmengelände in Sterzing in Südtirol ein. Das Unternehmen arbeitet aber an einer Genehmigung für den öffentlichen Verkehr.
Nachhaltig Energie gewinnen mit Seilbahnen
Das österreichische Start-up „Bergwind“ möchte die oft stürmischen Verhältnisse im Gebirge mehr ausnutzen und Seilbahnen zu Wind- und Solarkraftwerken ausbauen. Außerhalb von Betriebszeiten sollen statt Sesseln, Gondeln oder Schleppbügeln Windturbinen oder Photovoltaikmodule an die Seile geklemmt werden. Das Start-up arbeitet daran, Kraftwerke zu entwickeln, die genau an die Bedingungen auf Seilbahnen angepasst sind. In großen Höhen mit wenig Vegetation bieten sich Windräder an, weiter unten am Lift eher Photovoltaikmodule. Ein großer Vorteil von hängenden Kraftwerken ist die platzsparende Bauweise. Es würden keine zusätzlichen Flächen verbraucht werden. Skigebiete könnten einen Teil ihres Strombedarfs umweltfreundlich selbst decken.