Fliegen wie bei Star Trek
© Screenshot Youtube MIT / Nature
Dezember 2021

Fliegen wie bei Star Trek

Von Björn Carstens
In den Star-Trek-Filmen rasen Raumschiffe mit Ionenantrieb durchs Weltall. In den USA absolvierte ein höchst irdisches Fluggerät einen ersten Probeflug mit einem solchen Antrieb. Steht eine Revolution des Luftverkehrs an?

Wer hätte das gedacht: Das Prinzip des Ionenantriebs, das viele nur aus Science-Fiction-Filmen kennen, wird bald 100 Jahre alt. Schon 1923 beschrieb der österreichisch-deutsche Raumfahrtpionier Hermann Oberth ein von ihm entworfenes Ionentriebwerk. Bis 1998 die erste echte Raumsonde mit einem Ionenantrieb, die US-amerikanische Deep Space 1, ins All startete, vergingen jedoch noch einige Jahrzehnte Entwicklungsarbeit.

Ionentriebwerke, sprich elektrische Antriebe, arbeiten wie herkömmliche Raketentriebwerke nach dem Rückstoßprinzip. Der Treibstoff (z.B. Ammoniak oder Xenon) wird jedoch nicht verbrannt, sondern ionisiert, also elektrisch aufgeladen. Die Ionen werden in elektrischen Feldern beschleunigt, sodass ein hochenergetischer Teilchenstrahl entsteht, dessen Rückstoß das Fluggerät nach vorne treibt.

Bislang schien der Antrieb nur für Einsätze im Weltraum geeignet zu sein, weil er zu schwach für einen Start vom Erdboden aus ist, dafür aber extrem ausdauernd, um ferne Planeten zu erreichen. US-Forscher des Massachusetts Institute of Technology (MIT) wollen die Technik nun auf die Erde „beamen“. Erste Erfolge haben sie bereits verbucht. Sie ließen ein selbstgebasteltes, ultraleichtes Flugzeug abheben – ohne Kerosin oder andere Treibstoffe und auch ohne Propeller und Turbinen.

  • Die Ionen werden durch die elektrische Spannung zwischen den Elektroden (blau-we ...
    Die Ionen werden durch die elektrische Spannung zwischen den Elektroden (blau-weiße horizontale Linien) beschleunigt. Auf dem Weg von vorne nach hinten stoßen sie mit Luftmolekülen zusammen, schieben sie dabei an und erzeugen so einen Luftstrom © Christine Y. He
  • Entwurf eines mit Ionenwind angetriebenen Flugzeugs: Das System könnte laut MIT- ...
    Entwurf eines mit Ionenwind angetriebenen Flugzeugs: Das System könnte laut MIT-Forschern zum Antrieb kleiner Drohnen und sogar leichter Flugzeuge verwendet werden – als Alternative zum Antrieb mit fossilen Brennstoffen © MIT Electric Aircraft Initiative
Ionenwind treibt Flieger an

In der Fachzeitschrift „Nature“ haben die Wissenschaftler Details zu ihrem Testflug beschrieben: Der Schub kommt zustande, indem ein Ionenwind erzeugt wird. Dafür wird an der Flügelfront eine sehr hohe positive Spannung von 20.000 Volt angelegt, wodurch den Stickstoffteilchen in der Luft Elektronen entzogen werden. Die dabei erzeugten Ionen werden von einer negativen Aufladung von 20.000 Volt an der Flügelkrümmung angezogen und beschleunigen über die Tragflächen nach hinten. So entsteht ein Wind, der dem Flugzeug Vortrieb gibt.

Noch steckt die Technik allerdings im Prototypen-Stadium. Das Flugobjekt im Experiment wog nur 2,5 Kilogramm. Die maximale Flughöhe lag beim ersten erfolgreichen Flugversuch bei knapp einem halben Meter, der Flug dauerte lediglich zwölf Sekunden. Der Weg in den realen Betrieb ist also noch lang. Allerdings bezweifeln selbst die US-Forscher, dass es in absehbarer Zeit möglich ist, so starke Ionentriebwerke zu bauen, dass damit Passagierflugzeuge fliegen können. Eine Revolution der Luftfahrt beschert uns der Ionenantrieb also erst einmal nicht, Einsätze in Drohnen könnten aber in näherer Zukunft real werden.