Den Kreis vollenden
E-Mobil-Batterien
Die Innovation rollt auf leisen Reifen daher: Die E-Mobilität nimmt weltweit zügig Fahrt auf. Global stehen alle Verkehrszeichen auf Grün – so erwartet beispielsweise der Automobilzulieferer Schaeffler, dass bis 2030 in 70 Prozent aller Neuwagen ein Elektromotor für den Antrieb sorgt. Sei es allein oder als Hybridkomponente. Millionen Fahrzeuge ziehen ihre Kraft dann aus Millionen großer Traktionsbatterien. Und da deren Lebensdauer auf acht Jahre veranschlagt wird, werden Millionen ausrangierter Lithium-Ionen-Akkus sinnvoll verwertet werden müssen. Selbst die Idee des „Second Life“ – Traktionsbatterien dienen dann noch etwa zehn Jahre lang als Speicher für regenerativ gewonnenen Strom und zur Netzstabilisierung – kann die Verschrottung der Akkus nur hinausschieben.
Rohstoffe sind knapp
Konstruktiv verwertet werden müssen die ausgedienten Lithium-Ionen-Akkus neben ökologischen auch aus wirtschaftlichen Gründen. Würden ihre Bestandteile nicht rückgewonnen, könnte der Rohstoffnachschub die weltweit erwartete immense Nachfrage nach Kobalt, Nickel und seltenen Erden nicht decken. Bis 2020 werden aktuellen Schätzungen zufolge weltweit schon über 100.000 Tonnen ausgedienter Stromspeicher aus E-Mobilen anfallen. Und das wäre erst der Anfang. Darum entwickeln Forschungseinrichtungen und Hersteller schon jetzt effiziente Recyclingverfahren.
Tesla Europe lässt ausgediente Fahrakkus bei Umicore in Belgien in einem Ultra High Temperature Smelting (UHT) verwerten. Bei dieser Verbrennung des kompletten Akkus lösen sich Kobalt und Nickel; das Kobalt wird – zu Kobalt-Lithium-Oxid umgewandelt – wieder für Batterien verwendet. Die Schlacke mit Kalzium-Oxiden und Lithium findet in der Betonherstellung Verwendung.
CO2-Fußabdruck senken
Neben diesem hoch energieaufwendigen Verfahren gibt es weitere Methoden: Beim hydrometallurgischen Verfahren der Duesenfeld GmbH wird die Batterie zunächst mechanisch zerkleinert. Die enthaltenen Metalle werden dann chemisch herausgelöst. So können Kupfer zu 100, Mangan zu 99, Kobalt zu fast 98, Nickel zu 99 und Lithium zu knapp 96 Prozent für künftige Nutzungen gerettet werden. Dieses Verfahren spart gegenüber dem Verbrennen 40 Prozent des CO2-Fußabdrucks der Batterie ein. Derzeit kann Duesenfeld pro Jahr 3.000 Tonnen Altbatterien so recyceln.
Bei der elektrohydraulischen Zerkleinerung (EHZ) des Fraunhofer-Instituts für Silicatforschung (ISC) wird mittels elektrischer Entladung eine Schockwelle durch ein Medium – es funktioniert mit normalem Wasser – geleitet. Dadurch werden die Materialgrenzen des Akkus spröde, die einzelnen Bestandteile lassen sich ohne nennenswerten Temperaturaufwand leicht separieren.
International gibt es viele Vorschriften, die ein Batterie-Recycling unumgänglich machen. Doch noch kann niemand einschätzen, welches Verfahren sich durchsetzen wird, und Batterien mit anderen Bestandteilen können wieder neue Techniken erfordern.
Brennstoffzelle?
Eine Lösung, die Traktionsbatterien und die Entsorgungskette nahezu überflüssig macht, ist die Brennstoffzelle. Sie sorgt für Strom ohne nennenswerte Umweltbelastung auch nach ihrem Ableben.
Windenergie
In der Irischen See, in Europas größtem Onshore-Windpark Markbygden in Nordschweden oder auf den unzähligen Windfarmen, die weltweit aus dem Boden wachsen: Überall drehen sich riesige Rotoren, mahlen die Energie aus der Luft, pumpen Strom durch die stets hungrigen Übertragungsleitungen in die unersättlichen Metropolen und die Maschinenparks der Industrie. Global sind Hunderttausende Anlagen im Einsatz, machen Kohlekraftwerke und Atommeiler überflüssig. Doch auch sauberer Strom produziert irgendwann Müll: Alterung auf der einen, Fortschritt und schwindende Wirtschaftlichkeit auf der anderen Seite führen dazu, dass immer mehr Anlagen ihr Betriebsende erreichen und ausgemustert werden.
Der Leistungs- und Renditedruck ist hoch: Wo immer möglich, müssen kleinere Windräder im Rahmen des Repowering Platz machen für effizientere Großanlagen. Spätestens wenn die staatliche Förderung ausläuft, gilt der Weiterbetrieb von reparaturanfälligen Altanlagen als nicht mehr lukrativ. Die Dinger müssen also weg. Ihre Demontage ist technisch Routine und wird mit denselben Kran-Giganten vorgenommen wie schon der Aufbau. Unten auf dem Boden sammeln sich vielfältig nutzbare Dinge: Die Generatorkanzel samt Technik, die Turmsegmente und das Fundament lassen sich problemlos zerlegen, schreddern und zu 98 Prozent wiederverwerten. Die überlangen Rotorblätter werden vor Ort in transportable Stücke geschnitten.
Problemkind Rotorblatt
Doch hier kommt die sekundäre Rohstoffkette ins Stocken: Für die Flügel ist in stofflicher Hinsicht noch keine Weiterverwertung gefunden worden. Ältere Rotorblätter – die überwiegende Menge der Alt-Flügel – bestehen aus kaum separierbaren Kompositmaterialien. Für die sortenreine Trennung von glasfaserverstärktem Kunststoff (GFK), Balsaholz, Harzen und Stahl gibt es derzeit noch kein funktionales Verfahren, bei dem sämtliche Materialfraktionen in wiederverwertbarer Form anfallen. Rotorblätter werden nie wieder zu Rotorblättern, sondern in Spezialanlagen fein geschreddert und in den Brennöfen der Zementindustrie verfeuert. Die dort anfallende Asche wandert ins Zement-Rohmaterial.
Rotorblätter der neueren Generation mit Carbon-Anteilen enden nicht im Feuer, denn die Asche kohlefaserverstärkter Kunststoffe (CFK) verstopft die Filter der Verbrennungsanlagen und ist höchst gesundheitsschädlich. Mittels thermochemischer Spaltung wird die organische Verbindung der Faser vom thermisch resistenten Siliziumdioxid abgespalten und wieder in den Produktionskreislauf rückgeführt. Dieser teure Pyrolyseprozess rechnet sich aber nicht für die billige erste Rotorblattgeneration und wird auch nur in wenigen Ländern angewendet. Die hohen Recycling-Kosten und fehlende Vorschriften führen beispielsweise in den USA und China dazu, dass ausgediente Windkraftanlagen dort in der Regel auf der Mülldeponie landen.
225.000 Tonnen Müll
Schon bald wird sich das Recycling-Problem deutlich zeigen, und die Verbrennung hat ein schlechteres Image als die stoffliche Wiederverwertung. Im dänischen Forschungsprojekt Genvind rechnet man für 2020 mit gut 50.000 Tonnen Kunststoffabfall aus Altrotoren, bis 2035 dürften es jährlich 225.000 Tonnen sein. Dänemark engagiert sich besonders, schließlich stammten hier 2017 bereits 43,6 Prozent des Stroms aus der Windkraft. Hersteller wie Vestas und Siemens, das Fraunhofer-Institut für Chemische Technologie ICT, die TU Brandenburg, die Universität Aalborg und die University of Nottingham: Sie alle suchen intensiv nach einer Lösung, damit die positiven Potenziale der Windkraft nicht mehr auf den letzten Metern zu Asche werden müssen.
Fotovoltaik
Längst sind sie ein vertrauter Anblick. Ob in Dörfern, Städten oder Industrieparks: Vielerorts glänzen Solarkollektoren auf den Dächern von Häusern, Hallen und Produktionsanlagen. Fotovoltaik ist als regenerative Energiequelle in der Mitte der Gesellschaft angekommen und in vielen Ländern wie Deutschland bei Neubauten fast obligatorisch. Die solare Zukunft ist solare Gegenwart – und wird schnell Vergangenheit werden: Die erste Generation der Solarmodule erreicht nach 25 bis 30 Jahren das Ende ihrer Leistungsfähigkeit und wird ausgemustert. 2017 waren europaweit bereits vier Millionen Tonnen Module installiert, wovon 43.500 Tonnen als Sondermüll anfielen. 2050 werden es laut britischem Öko-Portal GreenMatch 60 Millionen Tonnen Müllaufkommen sein.
Die Kategorie „Müll“ passt hier aber nicht wirklich: Solarmodule haben ein Produktdesign, das ein umfassendes Recycling ermöglicht – mit Recycling-Quoten von bis zu 95 Prozent. Aus dem wiedergewonnenen Material mit einem Wert von 15 Milliarden US-Dollar lassen sich im Szenario für 2050 zwei Milliarden neue Solarmodule herstellen, hat GreenMatch berechnet.
Bis zu 100 Prozent Recycling
In Kooperation zwischen Herstellern, Forschern und Entsorgern wurden zwei Verfahren entwickelt, um leistungsschwache oder defekte Solarpanels in ihre Bestandteile zu zerlegen. Siliziumbasierte Solarzellen werden händisch zerlegt; ihr Glasanteil kann zu 95 Prozent, das Aluminium der Rahmen zu 100 Prozent weiterverwertet werden. Auf 500 Grad erhitzt, verdampfen Plastikbestandteile und dienen als Quelle für Prozesswärme. Die Zellmodule werden dann zerlegt und lassen sich zu 80 Prozent wiederverwenden. Das Silizium wird mit Säure herausgelöst und kann dann zu 85 Prozent erneut in den Herstellungsprozess für neue Solarpanels eingespeist werden.
Globale Regelungen fehlen
Anders verfährt man bei Dünnschicht-Modulen (Marktanteil etwa zehn Prozent): Diese werden zuerst geschreddert. Dann lassen sich die Bestandteile mechanisch, durch Aufschwimmen und durch Vibration separieren. Immerhin 95 Prozent des Halbleiter-Materials und 90 Prozent des Glases können rückgewonnen werden.
Trotz praxistauglicher Verfahren ist das Recycling für die Fotovoltaik global noch längst nicht gelöst – es mangelt an rückgeführten Modulen. Europaweit organisiert der Branchenverband PV Cycle Rücknahme und Wiederverwertung, doch in vielen Industrieländern wie etwa den USA gibt es meist keinerlei Auflagen für die Entsorgung: Dort landen defekte oder ausgepowerte Solarpanels kurzerhand auf den Mülldeponien.